Wer’s kennt weiß, was für ein beschissenes Gefühl das ist, wenn einem der Hund entlaufen ist. Egal wie nun genau das Tier abhanden gekommen ist, Herrchen und Frauchen schwanken zwischen Wut, Verzweiflung und Sorge. Am größten ist die Angst, der Vierbeiner könnte überfahren werden oder durch einen Unfall anderen Schaden zufügen. Diese Gefühle sind bei uns noch ganz frisch, da unser Beagle Vino letzte Woche zu einem neunstündigen Ausflug durch die Rheingauer Weinberge entfleucht ist. Die Erfahrung wünsche ich keinem, aber da es bei aller Sorgen und Ängsten auch einige positive Erlebnisse gab, möchte ich diese gerne mit euch teilen.
Tipp 1: Polizei anrufen
Viele denken vielleicht, die Polizei könne ja eh nicht helfen, wenn ein Hund weg ist – aber sie tut es. Also, anrufen und den vermissten Vierbeiner melden. Telefon: 06123 90900
Die Kollegen waren extrem freundlich und mitfühlend, haben die Vermisstenmeldung aufgenommen und mich direkt an die Rüdesheimer Kollegen weiterverbunden, damit auch die Bescheid wissen. Die Polizei zu verständigen ist vor allem deshalb wichtig, falls der Hund gefunden oder gesichtet wird, und sich dort meldet oder auch wenn das Tier im Tierheim abgegeben wird. So kann viel schneller eine Verbindung zum Besitzer hergestellt werden. Die Polizei geht vielleicht nicht wegen eines Hundes auf Streife aber sie halten die Augen offen, wenn sie auf Streife sind. Auch das kann helfen.
Tipp 2: Soziale Medien nutzen
Auf Facebook habe ich direkt ein Foto von Vino und meine Handynummer gepostet. Die Nachricht verbreitet sich in Windeseile, so schnell kannst du telefonisch gar nicht alle Freunde und Familienangehörigen anrufen. Auch gut: die Vermisstenmeldung in den eigenen Whatsapp-Status stellen. So wussten meine Schwestern ganz schnell Bescheid ohne dass ich sie anrufen musste.
Tipp 3: Tasso-Registrierung und -Aufruf
All unsere Hunde waren bisher immer bei Tasso registriert, bis dato haben wir den Service nie gebraucht. Die Registrierung ist schnell und einfach und kann auch am Tag des Entlaufens noch erfolgen. Ist man bereits registriert, gibt man online eine Vermisstenmeldung auf, die dann bundesweit sehr schnell gestreut wird. Das sorgt einfach für zusätzliche Aufmerksamkeit und noch mehr Unterstützung.
Tipp 4: Tiersicherung Rhein Main einschalten
Bis zum Tag von Vinos Abwanderung kannte ich diesen Verein gar nicht. TierSchutzEngel nennt er sich und kümmert sich um Rehkitzsicherung, aber eben auch um entlaufene Haustiere. Und das höchst professionell. Ich weiß nicht genau, ob der Verein von einem meiner Freunde oder über die Facebook-Nachricht informiert wurde, jedenfalls rief Ramona Köhler vom Verein bei mir an, stellte mir ein paar Fragen und führte mich ganz ruhig und mitfühlend durch die nächsten einzuleitenden Schritte.
Der Verein steht zudem in Verbindung mit den örtlichen Feuerwehren und kann bei Bedarf Drohnen mit Wärmebildkameras aufsteigen lassen. In unserem Fall wäre das am nächsten Tag erfolgt. Ein sehr netter Feuerwehrmann aus Niedernhausen meldete sich bei mir und ließ am Abend kurz vor Einsatz der Dämmerung eine Drohne aufsteigen, zu dem Zeitpunkt jedoch ohne erfolgreiche Sichtung. Aber ich hab mich sehr über diese Unterstützung gefreut.
Was ich aus Erfahrung anderer Beaglebesitzer wusste ist, dass entlaufene Hunde dazu tendieren, an die Stelle, wo wir sie verloren haben, zurückkommen. Ein Bekannter von mir, dem das einigen Male passierte, hat dort die Autohundebox aufgestellt und am nächsten Morgen seinen Streuner drin gefunden. Ich hatte mich also auch auf eine Nacht im Weinberg eingestellt – praktischerweise im beheizbaren Wohnmobil.
Mein Gefühl sagte mir aber, dass der kleine Kerl versucht, sich nach Hause durchzuschlagen. Aber zwischen Weglaufplatz in Oestrich und Zuhause in Eltville liegen mindestens acht Kilometer und mehrere gut befahrene Straßen.
Tipp 5: Ruhig bleiben & Hilfe annehmen
Das ist vermutlich am schwersten, aber dank der Unterstützung von vielen Seiten, hab ich es tatsächlich geschafft. Am meisten gerührt hat mich der Einsatz der Hallgartener Hundehalter. Als Vino dort am späten Abend gesichtet wurde, sind wir hingefahren und haben mehrere Hundehalter auf den Straßen angetroffen, die sich an der Suche nach Vino beteiligten. Die Hallgartener Hundehalter haben eine eigene Whatsapp-Gruppe, in der sie die Vermisstenmeldung von Vino geteilt hatten. Klasse! So eine Whatsapp-Gruppe will ich auch für Eltville und Walluf. An dieser Stelle ein riesengroßes Dankeschön an Hallgarten!!!
Tipps für Außenstehende
Als Freunde und Familie will man helfen, ist klar. Natürlich neigt man als erstes dazu, den Hundehalter anzurufen. In meinem Fall war das aber total ungünstig, da ich kaum noch Saft im Akku hatte. Was mir persönlich sehr geholfen hat, waren all die Freunde, die sich spontan an der Suche beteiligt haben. Ob im Auto, zu Fuß oder auch per Fahrrad. Das geht natürlich nur, wenn die auch in der unmittelbaren Nähe sind. Ich selbst bin zudem mit meiner Familie und einigen Freunden über die Handy-App Wo ist verbunden. Darüber konnten meine Schwestern verfolgen, wo ich gerade bin. Eine Freundin kam sogar extra vorbei um mir Wasser und Tempos zu bringen. (Ja, geheult habe ich zwischendurch auch noch!)
Zusatztipp: Tier-Hellseherin
Eine Hellseherin einzuschalten ist wahrscheinlich nur etwas für Menschen, die daran glauben. Ich bin offen für so etwas. Der Tipp kam von einer Freundin, die erst wenige Wochen zuvor ihren Welpen verloren hatte und ihn mit Hilfe einer Tier-Kommunikatorin (so heißen die richtig) wieder gefunden hat. Ich wollte nichts unversucht lassen. Tatsächlich hat sie mich sehr beruhigt und mir ein gutes Gefühl gegeben. Außerdem hat sie mir gesagt, dass sie den Hund jetzt in einen kleinen Ort oberhalb der Felder schickt – und 20 Minuten später kamen mehrere Anrufe aus Hallgarten, weil der Hund dort gesichtet wurde. Auch später hat sie mich in die richtige Richtung geführt.
Wer hier Interesse hat, kann mich gerne persönlich kontaktieren
und ich stelle den Kontakt zu der Dame her.
Wiedersehensfreude
Nach neun Stunden habe ich selbst Vino kurz nach Mitternacht gefunden. Ich hatte alle Helfer nach Hause geschickt und bin selbst nochmal durch die Weinberge zwischen Oestrich und Hallgarten gefahren, schließlich den Promilleweg entlang, um dann auf die Straße Richtung Hattenheim abzubiegen. Und nachdem ich einige Male glaubte den Hund zu sehen, was sich aber als Füchse, Katzen und Hasen herausstellte, stand der kleine Kerl dann plötzlich mitten auf der Straße vor mir. Unversehrt, nur sehr schmutzig. Was ein Glück!
Hallo liebe Tanja, ich habe gerade erst gesehen, dass Vino auf eigene Faust den Rheingau erkunden wollte. Wie schön, dass Du ihn dann nach der ganzen Aufregung und den Sorgen wieder gefunden hast.
Wir haben uns gerade darüber unterhalten und uns die Frage gestellt, ob es nicht auch entsprechende Tracker fürs Halsband gibt. Das wäre doch noch einfacher. Die Dinger sind sehr zuverlässig und nehmen auch ein wenig die Sorge.
Ganz liebe Grüße in den Rheingau
Anja