Nach vielen Jahren bin auch ich wieder unter die eifrigen Radler gegangen. Während meiner Zeit in einer der größten Fahrradfahrer-Städte Deutschlands, war Radfahren das Selbstverständlichste auf der Welt. Als dann die Hunde in mein Leben kamen und wir ihnen die Begeisterung fürs Mitlaufen beim Radeln nicht so recht vermitteln konnten, fristete mein Fahrrad ein extrem vernachlässigtes Dasein. Das ändert sich aber gerade, zum einen wegen des Gewissens der Natur und den leeren Gasspeichern gegenüber und natürlich auch mit dem Gedanken, seinem alternden Körper was gutes tun zu müssen. Außerdem hat das Fahrradfahren noch einen weiteren großen Vorteil: Fahrradfahrer sind Menschen erster Klasse. Zumindest glauben sie das. Nicht alle, aber viele. Verkehrsschilder gelten für sie nicht, da stehen sie drüber. Radler haben immer Recht. Radler sind die einzigen, die die Natur retten. Und die gesamte Breite der Straße steht eigentlich ausschließlich Fahrradfahrern zur Verfügung. Ach ja, und Vorfahrt hat auch immer nur der Radler!

Lieblingsbeispiel Leinpfad zwischen Eltville und Walluf. Am schönen Platz neben dem Weinstand sitzend, dort wo der Weg von der Straße zum Anleger hin führt, macht es immer wieder Spaß, die von der Straße andüsenden Radler zu beobachten. Mit Karacho wird in den Weg hineingeflitzt – ist doch klar, dass man da das große “Fahrrad verboten”-Zeichen, das mit viel Farbe und gutem Willen auf die Straße gemalt wurde, nicht sehen kann. Auch das dort stehende Schild mit selbigem Zeichen (weißer Kreis mit rotem Rand, in der Mitte ein schwarzes Fahrrad) kann bei der Geschwindigkeit, ja wenn überhaupt, nur verschwommen wahrgenommen werden. Manchmal ruft ein todesmutiger Spaziergänger solch einem Flitzer den gutgemeinten Ratschlag hinterher, ob er nicht absteigen wolle weil es sonst 250 Euro kostet, wenn man hier auf dem Rad fahrend erwischt wird. Manche haut das mal kurz verunsichert aus den Pedalen, um dann kräftig weiterzutreten, die meisten schert das einen wahrhaftigen Scheißdreck, wenige steigen ab. Ja, natürlich kann man drüber streiten, ob das nun so toll oder sinnvoll ist, ausgerechnet am schönsten Stück des Leinpfads so ein Verbot einzuführen. Der Test allemal zeigt, wie verdammt erstklassig sich Radfahrer fühlen – deshalb will ich ja auch dazugehören.

Und jetzt bin ich auf der Suche nach einem eBike. Also ich fang grad an. Gestehe nämlich, dass ich noch nie auf einem gesessen, geschweige denn gefahren bin. Also gerne her mit den Tipps und Angeboten für Probefahrten. Natürlich werde ich mein neues Gefährt in einem Rheingauer Fahrradladen kaufen und natürlich werde ich dann für dieses Fahrrad und den Laden Werbung machen, offensichtlich und auch verdeckt. Schießlich bin ich als Mensch erster Klasse ja auch nur ein Mensch und lasse mich von Angeboten verführen.

Zum Schluss noch ein Wort aus Sicht des Hundeführers (denn meine Hundeherz ist doch noch größer als das Radlerherz): viele Fahrradfahrer im Rheingau und am Leinpfad verhalten sich sehr rücksichtsvoll, bedanken sich, wenn ich meinen Hund zur Seite nehme, machen langsam wenn sie an uns vorbeifahren und grüßen sogar. Auch das muss mal gesagt werden.

Hinweis: Eroica

Für alle Liebhaber der Old School Bikes: am 20. August findet auch dieses Jahr (2022) wieder die Eroica im Rheingau statt. Alle Infos rund um das coole Event sind hier zu finden.

2 Comments

  1. Stimmt, da war ja noch etwas: der leicht peinliche Kleinkrieg von Hoheit um ihre Lieblings-Gassirunde zwischen Walluf und Eltville, ohne von höchst illegalen Radfahrern belästigt zu werden. Und das ganz offensichtlich beim Versuch der Belehrung dieser Geisterfahrer entstandene Trauma, weil diese nicht mit angemessenem Respekt und Dankbarkeit auf die Belehrung reagiert haben, sondern mit einem streckten Mittelfinger – der Schmerz scheint tief zu stecken wenn das Thema wie Nessi in jedem Sommer wieder hoch kommt. Jetzt sogar mit Beweisfoto von dem Verbotsschild, sollte es irgendeiner in Frage stellen. Komisch ich wandere und jogge dort auch oft, treffe auch regelmäßig auf Radfahrer die aber alle nett und freundlich sind. Wahrscheinlich weil ich es auch bin und auf besserwisserische Belehrungen verzichte. Der Typ Oberlehrer trifft halt in D auf wenig Gegenliebe, auch wenn Prinzessin sich dies offenbar anders wünscht. Aber was lesen wir nun? Hoheit wird die Seiten wechseln, hin zu den unbelehrbaren und rotzfrechen Radfahrern? Aber nicht um deren Perspektive besser zu verstehen oder an Empathie zu gewinnen, nein, weil diese nebenbei auch noch schlank und gesund sind, nicht nur frech und unverschämt. Ein besseres Verständnis erhoffe ich mir durch diesen lobenswerten Perspektivwechsel allerdings schon – er wird zwangsläufig einsetzen. Nur eine Angst habe ich dann dennoch: Dass sich die Zielgruppe des Ärgers der Prinzessin nur verschiebt und wir in wenigen Wochen dann von “bekloppten Joggern am Rhein” und “völlig ignoranten Autofahrern, die auf Radwegen parken” lesen müssen, natürlich mit Beweisfoto. So schön kann Radfahren im Rheingau sein, stimmt. Man will ergänzen: Gäbe es nur weniger Leute von ihrem Schlage dort, Frau Rheingauprinzessin.

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